Ich liebe meine Pumpe. Ich möchte sie auch unbedingt behalten, auch wenn die Probezeit jetzt vorbei ist. Es liegt mir also fern, mich über sie zu beschweren. Aber den gestrigen Tag hat sie mir dann doch ganz schön vermiest.
Warum ich jetzt letztlich gerade eine andere Pumpe habe, erfahrt ihr hier.
Mysteriöse Werte
Wenn ein Tag mit einem Wert von 124 mg/dl startet, kann es ja nur gut werden. Dachte ich so naiv. Es kam anders.
Ich frühstücke unter der Woche immer das gleiche und kann deshalb meine Werte nach dem Frühstück inzwischen auch ganz gut einschätzen. Eine Stunde danach sollte ich eigentlich nie über 160 mg/dl
liegen. Am besagten Tag fühlte ich mich aber irgendwie komisch, also testete ich und siehe da: 249 mg/dl. Das verwunderte mich zwar sehr, aber ich wollte lieber noch abwarten, ob der Wert nicht
doch noch sinkt. Tat er aber nicht. Ich korrigierte also mit der normalen Korrektur und stellte zusätzlich die Basalrate temporär auf 150%.
Als das nach weiteren zwei Stunden immer noch keine Wirkung zeigte, gab ich kurzerhand die doppelte Korrektur ab. Meine Vermutung: Es könnte ein Infekt o.ä. im Anmarsch sein, was bei meinen Werten schon mal zu unerklärlichen Anstiegen führt. Dass der Wert aber relativ konstant blieb und nicht weiter anstieg, sprach für mich dafür, dass zumindest etwas an Insulin anscheinend ankam.
Ich bin momentan in einer Einarbeitungswoche von meinem neuen Job, bei der uns neuen Mitarbeitern von anderen Mitarbeitern aus dem ganzen Unternehmen in Präsentationen die jeweiligen Abteilungen vorgestellt werden. Ich war deshalb also nicht in meiner gewohnten Umgebung, sondern an einem anderen Standort des Unternehmens. Mittagessen gab es natürlich trotzdem: Belegte Brötchen. Mein Ausgangswert war mit 135 mg/dl endlich auch gut, ich aß ein Brötchen, gab auf den vom BolusExpert errechneten Bolus nochmal zwei Einheiten drauf und begab mich zum nächsten Vortrag.
Zwei Stunden später: 290 mg/dl. Langsam aber sicher wurde ich misstrauisch. Mein Ketonmessgerät hatte ich glücklicherweise dabei, also kontrollierte ich vorsichtshalber mal die Ketone und hatte 0.7, also durchaus etwas erhöht. Jetzt war für mich klar, dass ich mit dem Pen spritzen musste. Soweit kein Problem, wenn das Insulin in meinem Pen nicht schon seit ca. 4-5 Monaten dort vor sich hin gelagert wäre (ich hatte ja die Pumpe und deshalb intelligenterweise die Ampulle da seitdem nicht mehr ausgetauscht) und zudem auch nicht gerade niedrigen Temperaturen ausgesetzt war. Ich ging zwar davon aus, dass das Insulin trotzdem in Ordnung war, ganz sicher war ich mir aber nicht. Deshalb spritzte ich zwar 5 Einheiten, wollte aber direkt auch nochmal die Pumpe kontrollieren.
Pumpenfehler. Batteriefehler. K.O.
Ich ging kurz auf die Toilette und koppelte mich ab. Der Plan: Einen Bolus abgeben und schauen, ob überhaupt Insulin aus dem Schlauch kommt. In dem Moment, in dem ich auf "Bolus" drückte, verabschiedete sich die Pumpe aber leider komplett. Erst wurde das Medtronic-Logo angezeigt und dann die folgende Fehlermeldung:

Wie sich herausstellte, hatte ich diesmal eine Art Doppelfehler, denn neben dem oben angezeigten Fehlercode 4 gab es auch noch einen Fehler mit Fehlercode 15 (diesen Fehler hatte ich im Mai schon einmal, der soll aber bei einmaligem Auftreten noch nicht schlimm sein). Ansonsten lief es diesmal auch genauso wie im Mai. Auf den Pumpenfehler und den Neustart der Pumpe folgte ein Batteriefehler:

Jaaaa... wenn ich jetzt meinen üblichen Rucksack dabei gehabt hätte, wären da zwei neue Batterien drin gewesen. Wenn. Ich hatte nämlich während der Einarbeitungswoche eine andere Tasche mit als sonst. Und beim Umpacken hatte ich natürlich die Batterien vergessen. Die Pumpe vibrierte und piepte fröhlich vor sich hin und vor mir lagen noch eine Stunde Schulung und ca. anderthalb Stunden Fahrt. Die alte Batterie einfach nochmal neu reinlegen funktionierte übrigens nicht.
Nun dachte ich, okay, du bist in einem großen Unternehmen mit jeder Menge technischer Geräte, irgendwo wird schon eine Batterie sein. Ich kürze es ab: Weder an der Info noch in diversen Büros konnte man mir helfen, die IT war nicht mehr erreichbar. Ich musste also in den Laden gegenüber laufen (immerhin war der direkt fußläufig zu erreichen, was ja auch nicht unbedingt selbstverständlich ist).
Ich informierte dann also kurzerhand die Schulungsgruppe und die Vortragenden ("Ich habe einen kleinen medizinischen Notfall..." - Panik in den Augen aller Anwesenden - "KÖNNEN WIR IRGENDWAS TUN?!! SOLL JEMAND MITKOMMEN?!" - "Nein danke, noch ist alles okay, ich brauche nur schnell eine Batterie."). Durch das Hin- und Hergerenne im Unternehmen, die Tatsache, dass ich Ketone hatte und mir zunehmend schlecht wurde, war ich inzwischen doch ziemlich durch den Wind. Hätte ich meinen Wert zu dem Zeitpunkt schätzen sollen, wäre ich auf gut 400 mg/dl gegangen.
In dem Laden ging es glücklicherweise dann relativ schnell, ich tauschte die Batterie und nach einer Neueinstellung von Datum und Uhrzeit, der Anzeige, dass jegliches aktives Insulin gelöscht wurde, und einem Rücklauf lief die Pumpe scheinbar wieder normal.
Zu viel Insulin
Nun kam leider der nächste Fehler meinerseits. Denn statt jetzt erstmal zu messen (mein Messgerät lag 2 Minuten entfernt im Schulungsraum) gab ich nochmal 4 Einheiten mit der Pumpe ab. Nicht die beste Idee, da ich ja vorher schon eine Korrektur mit der Pumpe abgegeben sowie 5 Einheiten mit dem Pen gespritzt hatte und sich bei der Messung 10 Minuten später herausstellte, dass ich "nur" 209 mg/dl hatte.
Die Schulung war früher zu Ende und ich berechnete die Menge des noch aktiven Insulins Pi mal Daumen auf ca. 11 Einheiten. Es hieß jetzt also: Essen!
0,4 l Saft und eine Tube Jubin später lag ich bei 168 mg/dl. Eine weitere Tube Jubin später bei 112 mg/dl. Und noch eine weitere Tube Jubin später (ja, ich hatte viel Jubin mit :D ) bei 93 mg/dl. Da blieb der Wert dann aber glücklicherweise erstmal. Ich war aber jetzt total ausgelaugt. Und mir war schlecht. Wer mal Jubin probiert hat, wird es mir nachfühlen können (wobei ich es eigentlich ganz okay finde, aber nach der dritten Tube reicht es dann doch).
Pumpentausch
Aber das "Highlight" des Tages sollte ja erst noch kommen.
Zu Hause angekommen, checkte ich die Bedienungsanleitung der 640g. Laut der sollte ich beim zweiten Auftreten von der Fehleranzeige den Außendienstmitarbeiter von Medtronic, der für mich zuständig ist, kontaktieren. Dies tat ich dann und der Mitarbeiter teilte mir mit: 2x Fehler 15 und 1x Fehler 4 heißt eindeutig: Die Pumpe muss ausgetauscht werden.
Fehler 15 ist wohl ein Software-Fehler und Fehler 4 ein Motor-Fehler. Beides nichts, was mein Vertrauen in die Pumpe erhöhte. Zumal ich zu diesem Zeitpunkt auch schon wieder bei 269 mg/dl lag. Der Außendienst-Mitarbeiter schlug vor, erstmal wieder auf ICT umzustellen.
Dann aber die Hiobsbotschaft: Es sind momentan keine Pumpen im Lager, sodass meine Pumpe auf keinen Fall zeitnah ausgetauscht werden könnte!
Sicherheitshalber rief ich nochmal die Hotline an. Dort teilte man mir Ähnliches mit, allerdings war der Mitarbeiter dort der Meinung, ich könnte die Pumpe schon noch benutzen, wenn sich keine Auffälligkeiten zeigen. "Hohe Werte" waren für mich allerdings dann Auffälligkeit genug. Leider bestätigte der Mitarbeiter der Hotline mir auch, dass die Lieferung der Austausch-Pumpe gute zwei Wochen dauern könnte.
Jetzt also zwei Wochen lang wieder spritzen? Noch dazu kam, dass ich feststellte, dass mein Basalinsulin, das noch im Kühlschrank war, seit zwei Monaten abgelaufen war (Auch da: selbst schuld. Aber ehrlich: Wenn sich Fehler schon rächen, warum suchen die sich dann alle denselben Tag aus?).
Ich kontaktierte jetzt eine Diabetesberaterin aus meiner Diabetespraxis, die mir netterweise anbot, mir eine Pumpe aus der Praxis auszuleihen. Das Angebot nahm ich dann gerne an. Kurz darauf meldete sich der Außendienst-Mitarbeiter nochmal mit dem Hinweis, er könne "eventuell" eine Pumpe aus dem Notfall-Lager bekommen. Das war mir dann aber zu unsicher.
Also nochmal auf zur Praxis, wo ich dann neben der Pumpe auch noch Toujeo als Notfall-Basalinsulin sowie weitere Ketonteststreifen erhielt. An dieser Stelle einmal ein riesiges Lob und Dankeschön an die Diabetesberaterin, die nach ihrem Feierabend an einem Freitagabend extra noch mal dorthin gekommen ist.

Mit der Pumpe aus der Praxis läuft jetzt soweit alles wieder gut. Ich bin vordergründig einfach erleichtert, dass sich alles so schnell regeln ließ.
Allerdings mischt sich in die Erleichterung zunehmend auch Verwunderung, dass Medtronic keine Pumpen mehr auf Lager hat. Immerhin scheint es ja aber ein Notfall-Lager zu geben, denn bestimmt ist es nicht für jeden ohne weiteres möglich, zwei Wochen oder länger auf ICT umzustellen.
Jetzt bin ich gespannt, wie lange es dauert, bis die neue Pumpe geliefert wird.
Was ich daraus gelernt habe:
- Immer Batterien mitnehmen. Oder zumindest sicherstellen, dass diese sich in direkter Reichweite befinden (z.B. welche am Arbeitsort deponieren).
- Immer einen Pen oder eine Spritze dabei haben und dort auch sicherstellen, dass das enthaltene Insulin noch okay ist. Wenn ich keine Batterie hätte auftreiben können und dann nicht mal einen Pen gehabt hätte, hätte das Ganze sehr böse ausgehen können.
- Auch, wenn die Pumpe noch nicht alt ist, von Anfang an sicherstellen, dass man notfalls auf ICT umstellen kann. Dazu gehört eben auch, für den Notfall ein Basalinsulin vorrätig zu haben. Und dieses sollte natürlich regelmäßig daraufhin kontrolliert werden, ob es noch haltbar ist.
- Manchmal sollte man erstmal Ruhe bewahren, bevor man in blinder Panik irgendeinen Mist macht (wie z.B. viel zu viel Insulin zu spritzen oder kollektiv alle seine Mitmenschen anzumeckern - sorry nochmal :D )
Ist euch sowas auch schon passiert? Wann musste eure Pumpe zum ersten Mal ausgetauscht werden? Meine hat sich jetzt ja quasi mit dem Ende der Probezeit verabschiedet.
Ansonsten möchte ich mich kurz nochmal entschuldigen, dass es hier so ruhig geworden ist. Das ist einfach der Tatsache geschuldet, dass ich einen neuen Job habe, bei dem auch jeden Tag insgesamt 3 Stunden Fahrt zu meiner Arbeitszeit von 8 Stunden dazukommen. Da hatte ich oft nach Feierabend nicht mehr genug Energie. Das wird sich aber mit der Zeit auch sicher alles einpendeln. :-)
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Tom (Samstag, 23 Dezember 2017 01:04)
Hallo!
Auch wenn dein Eintrag schon etwas älter ist: Ich habe ihn eben entdeckt und möchte ein paar Anmerkungen/HInweise geben:
Erstens: Ich bin seit 15 Jahren Kunde bei Medtronic. Und da ist es schon ein paar Mal vorgekommen, dass eine Pumpe nicht mehr ging, einmal funktionierte ein Knopf nicht mehr, einmal hatte ich woh mit Wasser nicht richtig aufgepasst. Jedenfalls hatte ich immer in 24 Stunden eine Ersatzpumpe via UPS (in der Regel einfach ein neues, originalverpacktes Gerät). Ob ich oder meine Krankenkasse die Pumpe dann bezahlen, oder ob die alte repariert werden kann, oder ob es ein mechanisches Problem werksseitig ist und Medtronic das übernimmt, hat die Firma erst immer im Nachhinein geklärt. Erstmal geht es ja um die Gesundheitsversorgung. Da habe ich MT immer als recht kulant wahrgenommen. Von daher wundert mich die Angabe von zwei Wochen für eine Austauschpumpe, es mag aber bei Neuen, die noch ohne Genehmigung sind, anders sein.
Zweitens: Ich hatte früher auch Pens, besitze jetzt aber gar keine mehr, da sie im Notfall einfach nicht praktikabel sein (eben weil das Insulin darin irgendwann "verfällt"). Ich habe mein aktuelles Durchstechfläschchen (das ich zuletzt auch zum Befüllen der Pumple genommen habe) immer in einer Photodose dabei (zum Schutz) und ansonsten eine Menge günstiger Einwegspritzen. Geht die Pumpe dann mal nicht (dafür gibt es viele Gründe, es gibt auch Stellen, an denen er Katheter nicht richtig oder nicht gut funktioniert, oder es ist heiß draußen, man schwitzt, und der Katheter will partout, auch bei mehrfachem Setzen, nicht halten), dann kann man vorübergehend auch ohne Basalrate sehr gut mit den Einwegspritzen und dem Insulin aus der Durchstechflasche arbeiten. Sollte sich kein Notfall einstellen, verwendet man dieses Insulin einfach weiter zum Befüllen der Pumpe, sobald sie leer ist. So wird auch kein Insulin "schlecht" so wie im Reservoir des Pens.
Nun hoffe ich, du machst weiterhin gute Erfahrungen mit dem System Pumpe! LG, Tom