Diabetes ist zunächst mal eins: Eine chronische Krankheit. Daran lässt sich natürlich auf den ersten Blick nichts Positives finden.
Ich habe ja hier schon erwähnt, dass die Akzeptanz für mich kein Problem war. Ich weiß aber, dass
es vielen nicht so geht und finde deshalb, dass es sich lohnt, gerade auch für diejenigen, die sehr mit der Erkrankung zu kämpfen haben, positive Aspekte zu sammeln.
Ich habe deshalb mal eine Liste erstellt, in denen ich alles rund um den Typ 1-Diabetes festhalte, was ich doch irgendwie als positiv empfinde. Aus diesen Punkten lässt sich
immer mal wieder Motivation ziehen, wenn es mal so gar nicht rund läuft und der Blutzucker Achterbahn fährt.

Meine persönliche Positiv-Liste
- Der Diabetes hilft dabei, gut auf sich selbst zu achten.
Als meine ganz persönliche Bauchspeicheldrüse muss ich viele verschiedene Dinge im Blick halten - meine Ernährung, Bewegung, Stress, etc. Oft ist es mir dabei schon passiert, dass ich etwas nur wegen meines Blutzuckers wahrgenommen habe - beispielsweise eine nahende Erkältung oder die Tatsache, dass sportliche Wettkämpfe doch zu einer erheblichen Adrenalin-Ausschüttung führen (auch wenn ich mich eigentlich ganz entspannt fühle ;-) ) - Man lernt Disziplin und Ausdauer.
Gerade im Teenager-Alter mag das nicht gerade als ein verlockendes Argument erscheinen, schließlich sind das Eigenschaften, die so gar nicht "cool" sind, allerdings macht es sich letztlich doch auch im Alltag bezahlt.
Durch die vielen täglich zu treffenden Therapieentscheidungen heißt es, immer am Ball zu bleiben, damit der Blutzucker auch in der Spur bleibt. Vom Diabetes Urlaub nehmen ist zwar für alle Diabetiker ein Traum, aber leider nicht realisierbar. Wir sind nunmal 24/7 Diabetiker - und so nervig das oft sein kann, so viel disziplinierter macht es uns auch. Schließlich wollen wir ja alle das selbe: Ein möglichst "normales" und gesundes Leben. - Kohlenhydrate in Lebensmitteln schätzen? Für den geübten Diabetiker kein Problem mehr und gerade bei dem aktuellen Fitness-Hype (inklusive Trends wie Low Carb) eine durchaus nützliche Fähigkeit.
- Die Community - als Diabetiker fühlt man sich mit anderen Diabetikern sofort verbunden, selbst, wenn man im "normalen Leben" eigentlich gar nichts miteinander zu tun
hätte.
Ob in Foren, Facebook-Gruppen, auf Blogs, bei Instagram oder im realen Leben: Andere Diabetiker kennenzulernen, ist interessant und eröffnet einem tolle neue Kontakte und eine neue Perspektive auf die eigene Erkrankung. Nicht zu vergessen, dass man sich hier auch gerne ratsuchend an Gleichgesinnte wenden kann und niemand einen besser versteht, als andere Diabetiker. - Was ist die eine Sache, die man als Diabetiker ständig macht? ... Rechnen! Kohlenhydrate abschätzen, Insulineinheiten errechnen, Korrekturfaktoren miteinbeziehen... Wenn es irgendwer in Mathe richtig drauf hat, dann wir Diabetiker.
- Wir haben eine Krankheit, mit der man alt werden kann. Natürlich besteht das Risiko von Folgeschäden und nach einer gewissen Anzahl an Jahren hat vermutlich ein Großteil der Diabetiker mit der ein oder anderen Folgeerkrankung zu kämpfen. Dennoch ist ein langes Leben mit Diabetes heutzutage möglich, während die Diagnose vor 100 Jahren noch ein Todesurteil bedeutet hat. Das allein ist doch schon einiges wert.
- Wir. Können. Alles. Essen.
(Und das ist längst nicht bei allen Krankheiten möglich!)
Ich lese immer wieder, dass sogar in Krankenhäusern das Bild vermittelt wird, als Diabetiker müsse man eine bestimmte Diät einhalten. So war es vielleicht mal, aber so ist es nicht mehr. Man sollte natürlich nicht fröhlich 2 Liter Cola in sich hineinkippen und dann direkt drei Stücke Sahnetorte hinterherschieben - aber das wäre wohl auch für Nicht-Diabetiker nicht gerade gesund ;-)
Ich persönlich könnte niemals auf Kohlenhydrate verzichten, weil für mich Ernährung auch Lebensqualiltät darstellt. Und dazu gehören für mich nunmal auch Pasta, Pizza, Schokolade und Eis.
Das soll nicht heißen, dass man sich nur davon ernähren sollte, aber auch als Diabetiker darf man sich solche Dinge mal gönnen. Ich versuche immer, einen Spritz-Ess-Abstand einzuhalten und damit klappt es (in der Regel) auch gut, wenn man einiges an Kohlenhydraten zu sich nimmt. (Mit Fett ist das allerdings so eine Sache... aber dazu kommen wir noch ein anderes Mal ;-)) - Die Forschung macht Fortschritte.
Ja, auch mir hat man bei meiner Diagnose vor 12 Jahren gesagt, in 10 Jahren könnte Diabetes sicher heilbar sein. Ähnliches hat man wohl auch schon vor 20, 25 Jahren gehört. Und nein, bis heute ist Diabetes nicht heilbar. Aber die Forschung ist doch schon weitergekommen, wenn ich mir anschaue, wie man einige Jahre vor meiner Diagnose noch den Diabetes gemanaged hat und wie es heute der Fall ist.
Von Blutzuckermessungen im Urin, die nur eine grobe Richtung des Blutzuckers anzeigen konnten, über die ersten Blutzuckermessgeräte, die noch sehr groß waren und extrem viel Blut (und Zeit) brauchten, zu den heutigen Messgeräten, die teils die Größe eines mp3-Players haben und in 5 Sekunden bei kleiner Blutmenge zu einem Blutzuckerwert kommen - bis hin zu den neuesten Entwicklungen wie FGM- und CGM-Systemen, bei denen wir den Glukosewert im Gewebe ermitteln, eine (bestenfalls) lückenlose Kurve angezeigt bekommen und nicht mehr in den Finger pieksen müssen.
Auch die Injektionen haben jede Menge Fortschritte gemacht - heutzutage muss hierzulande zum Glück niemand mehr eine riesige Nadel benutzen, um Insulin zu spritzen, sondern es gibt Pens mit kurzen, kaum spürbaren Nadeln und Insulinpumpen - sogar schlauchlose - , die Vorschläge zur Bolusabgabe machen und eine stabilere Blutzuckereinstellung ermöglichen.
Über die Entwicklung, die bereits stattgefunden hat, könnte ich noch eine ganze Menge schreiben, aber belasse es vorerst dabei. Tatsache ist auf jeden Fall: Es geht voran (auch, wenn es für uns natürlich nie schnell genug gehen kann ;-)). - Für Shoppingwütige wie mich: Es gibt viele schöne, kleine Dinge zu kaufen, die das Diabetiker-Leben etwas aufhübschen.
Für mich ist es immer wieder auch ein Stück Motivation, mir eine neue Tasche für meine Diabetes-Utensilien zu kaufen, meine Pens mit Stickern o.ä. zu verschönern (oder einfach direkt in schönen Farben zu kaufen ;-)) oder eine Freestyle Libre-Tasche selbst mitzugestalten. Auch für Pumpen gibt es jede Menge tolles Zubehör, über Pumpentaschen, Aufkleber, T-Shirts, Bauchgurte, Silikonhüllen ist für jeden etwas dabei, um der Krankheit etwas Persönliches zu geben. Und natürlich gibt es auch diverse Verschönerungsmöglichkeiten für Sensoren und Blutzuckermessgeräte. :-) - Bestenfalls erlangt man durch den Diabetes mehr Selbstbewusstsein.
Das mag sich komisch anhören, denn manchmal fühlt man sich doch recht machtlos gegen die Krankheit und ist verunsichert von Blutzuckerwerten, die man sich so gar nicht erklären kann. Ich habe allerdings gemerkt, dass es mir zumindest in Bezug auf meinen Diabetes total egal ist, was andere von mir denken. Ich habe nie versucht, die Krankheit zu verstecken - weder bei neuen Bekanntschaften, in der Schule, im Job oder generell in der Öffentlichkeit, z.B. bei einem Restaurantbesuch. Natürlich rennt man nicht direkt los und schreit "Hallo, ich bin Diabetiker/in!", aber verstecken würde ich das Ganze nie. Ich sehe die Krankheit als Teil von mir an, der nunmal dazugehört und den ich mir nicht selbst ausgesucht habe - es gibt also nichts, wofür ich mich schämen oder rechtfertigen müsste. - Etwas umstritten, aber theoretisch möglich: Für den Fall, dass man einen Schwerbehindertenausweis hat, genießt man hier diverse Vorteile wie erhöhten Kündigungsschutz,
zusätzliche Urlaubstage oder Vergünstigungen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Fairerweise sei aber gesagt, dass nicht jeder Typ 1-Diabetiker automatisch einen Schwerbehindertenausweis bekommt (ich selbst habe auch keinen) und dieser auch nicht ausschließlich Vorteile birgt. Hier gilt es, abzuwägen. Einen interessanten Artikel zum Thema Schwerbehinderung (inklusive Vor- und Nachteilen eines Schwerbehindertenausweises) findet ihr auf http://www.diabetes-und-recht.de/schwerbehinderung/
Ich denke, dass ich die Liste ab und an nochmal aktualisieren werde, weil mir im Alltag immer wieder auch Dinge auffallen, bei denen ich etwas Positives aus der Diabetes-Erkrankung ziehen kann -
aber das sind zunächst mal die Dinge, die mir spontan eingefallen sind.
Ich weiß, dass jeder Diabetiker auch eine lange Liste mit Negativ-Aspekten schreiben könnte und ich will die Krankheit hier sicher auch nicht schönreden oder idealisieren - es ist und bleibt eine
tägliche Herausforderung. Nichtsdestotrotz finde ich es wichtig, sich auch positive Aspekte vor Augen zu führen und sich nicht nur auf das Schlechte zu fokussieren - so wird das Ganze dann doch
ein Stückchen leichter.
Was habt ihr für positive Erfahrungen mit dem Diabetes gemacht? Welche Gedanken helfen euch bei einer positiven Einstellung? Woraus zieht ihr Motivation? Oder ist gerade eher eine Phase, in der
alles nur Grau und Grau erscheint?
Schreibt mir gerne eure Gedanken zum Thema!
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Jenny (Freitag, 02 September 2016 23:04)
Auch ein Vorteil als Diabetiker ist es das man bei Flügen "diabetische Lebensmittel" mitführen darf
Caro (Freitag, 02 September 2016 23:07)
Das stimmt!
Ich hab mich das allerdings nie getraut :D Hatte schon immer leichte Paranoia wegen der Ampullen, Nadeln etc. im Handgepäck - es hat aber natürlich nie jemanden interessiert :D